Auswahl Druckluftschrauber
Wie funktioniert eine Schraubverbindung?
Unter einer Schraubverbindung versteht man eine wieder lösbare Verbindung zweier Teile, die sich unter Belastung wie ein Teil verhalten. Die folgende Grafik verdeutlicht schematisch die Kräfte, die beim Anziehen einer Schraube auf die Verbindung wirken. Die aufgebrachte Zugkraft führt zu einer Dehnung der Schraube, diese Zugkraft wird durch das Drehmoment erreicht und in [Nm] angegeben. Das Bestreben zur Rückstellung dieser Dehnung verursacht die Montageklemmkraft, und diese wirkt als Widerstand gegen Scherkräfte (Querbelastung). Diese Kräfte werden in N gemessen, das Anzugsmoment wird in Nm angegeben.
In der Grafik wird gezeigt, wie die Schraube durch das Anziehen gedehnt wird. Diese Dehnung wird begrenzt durch den sogenannten Punkt der plastischen Verformung des Schraubenmaterials - das ist der Punkt, an dem sich ein Schraubenschaft bei Entlastung bleibend verformt und keine Rückstellung mehr zulässt. Im Regelfall spielt sich die zulässige Dehnung nur im elastischen Dehnungsbereich ab, um eine Rückstellung zu gewährleisten. Dazu sind im maschinenbaulichen Bereich Schrauben mit Festigkeitsklassen gekennzeichnet, von denen sich die zulässigen Drehmomentbereiche ableiten lassen. Die Maximalwerte sollten zwingend eingehalten werden.
Anders sieht es bei Anwendungsfällen aus, bei denen die Festigkeit durch das zu verschraubende Material vorgegeben ist, z.B. bei Verschraubungen von Kunststoffteilen oder Holz. Hier darf nur bis zur Deformationsgrenze des Materials angezogen werden. Diese unterschiedlichen Anwendungen machen die Wahl verschiedener Kupplungssysteme notwendig. Eine Ausnahme bilden hier gesteuerte Schraubsysteme (EC-Schraubsysteme), auf die hier nicht weiter eingegangen wird.
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Welche Kupplung ist die passende?
Drehschrauber mit Abschaltkupplung
Bei dieser Kupplung steigt das Anziehmoment sehr steil an (siehe Grafik), um dann bei Erreichen des voreingestellten Abschaltmoments MN schlagartig abzufallen. Das Abschaltmoment wird über eine vorgespannte Feder (roter Pfeil) eingestellt. Die Kupplungsklaue (grüner Pfeil) rutscht entsprechend leichter (niedriges Anzugsmoment) oder schwere (hohen Anzugsmoment) über die Kupplungsklaue. Der Antrieb schaltet definitiv in diesem Moment ab. Bei Elektro-Schraubern wird die Stromversorgung unterbrochen.
Vorteile:
- Energiesparend, da Abschaltung bei Erreichen des Abschaltmomentes sichergestellt ist.
- Hohe Abschaltgenauigkeit, ca. ±5%
- Hohe Wiederholgenauigkeit, damit hohe Prozess-Sicherheit
Wichtig: Schwankungen der Druckluft-Versorgung oder Spannungsschwankungen können zu Funktionsstörungen führen und so unsichere Fertigungsprozesse möglich machen. Schrauber mit dieser besonderen Mechanik haben ihren Preis.
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Drehschrauber mit Rutschkupplung
Bei dieser Kupplung wird die Energieversorgung bei Erreichen des voreingestellten Momentes MN nicht abgeschaltet. Die obere Kupplungsklaue rutscht über die untere und das Werkzeug dreht weiter, dies führt zu einem gewissen Schlageffekt. Damit lässt sich das Drehmoment erhöhen, bis sich ein konstantes Drehmoment einstellt. Dies spiegelt sich auch in der folgenden Grafik wider.
Vorteile:
- Das schlagende Moment bei Erreichen des Abschaltmoments ist gerade bei weichen Schraubfällen vorteilhaft
- Gut einsetzbar beim Verschrauben von selbstschneidenden Schrauben (Blechschrauben): Zum Schneiden wird ein höheres Moment benötigt als beim späteren Anzugsmoment.
- Abschaltgenauigkeit ca. ±10% - Gute Wiederholgenauigkeit (Prozess-Sicherheit)
- Preiswerte Schrauberlösung
Wichtig: Durch die höhere Beanspruchung der Kupplung ist hier auf Verschleiß und ggf. Wartung zu achten. Es wird mehr Druckluft benötigt als beim Abschaltschrauber.
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Drehschrauber mit Direktkupplung
Diese Kupplungsart wird auch als Abwürgekupplung beschrieben, was auch sehr genau das Verhalten im Inneren des Kupplungssystem beschreibt. Das Abwürgemoment – also das Moment, bei dem der Schrauber zum Stillstand kommt – wird nur über den anstehenden Luftdruck bestimmt. In der Abbildung lässt sich ablesen, dass es praktisch kein Abflachen der Drehmomentkurve gibt im Vergleich zu den vorher beschriebenen Systemen. Gerade bei strukturlosen Materialien wie Holz, Kunststoff, Hartschaum kommt dieses System zum Einsatz. Der Werker hat direkten Einfluss auf den Schraubvorgang, was bei unterschiedlichen Festigkeiten (beispielsweise Holz) unumgänglich ist, er bestimmt, wann der Schraubvorgang abgebrochen werden soll.
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Wie unterscheiden sich harter Schraubfall, weicher Schraubfall und strukturloser Schraubfall?
Der Schraubfall beschreibt, wie schnell bei Kopfanlage – der Schraubkopf berührt die Oberfläche des zu verschraubenden Teils – das Anzugsdrehmoment ansteigt.
Harter Schraubfall
Eine Verschraubung ohne Zwischenlagen oder Unterlegscheiben, Federringe, Tellerfedern u.ä.
Merkmale:
- Kleiner Widerstand beim Eindrehen
- Schnell ansteigendes Anzugsmoment
- Der Drehwinkel zwischen Abschaltmoment und erster Kopfanlage beträgt weniger als 30°
Weicher Schraubfall
Eine Verschraubung mit Zwischenlagen und/oder Unterlegscheiben, Federringe, Tellerfedern u.ä.
- Kleiner Widerstand beim Eindrehen
- Langsam ansteigendes Anzugsmoment
- Der Drehwinkel zwischen Abschaltmoment und erster Kopfanlage beträgt ca. 720° (ca. 2 Umdrehungen)
Strukturloser Schraubfall
Eine Verschraubung mit Zwischenlagen und/oder Unterlegscheiben, Federringe, Tellerfedern u.ä.
- Langsam ansteigendes, relativ geringes Eindrehmoment
- Höchstes Drehmoment beim Erreichen der Kopfanlage
Optimales Startsystem finden
- Schubstart: Die Drehbewegung startet durch axialen Druck des Schraubers auf die Verschraubung
- Kombination Schubstart mit Hebel/Taster: Start nach Aufsetzen des Werkzeugs durch Betätigung des Tasters/Ventilhebels UND axialen Druck auf die Verschraubung, Taster Hebel
- Ventilstart: Start nach Aufsetzen des Werkzeugs durch Betätigung des Tasters/Ventilhebels
- Direktstart: Der Schrauber wird über eine externe Druckluft-Ansteuerung gestartet (elektrisch gesteuertes Ventil, z.B. bei unseren Einbauschraubern)
Weitere Auswahlkriterien:
- Abschaltgenauigkeit
- instellbarer Drehmomentbereich
- Bauform: Stab, Pistole, Pistole mit eingerücktem Griff, Griff oben
Erklärung der Schrauber-Bezeichnungen:
Beispiel: SD 30/5 A
- SD – Screwdriver, Dreh
- SW – Screwdriver, Winkel
- 30 – Leistung [Watt] Kennzahl x 10 = 300 Watt
- 5 – Drehmoment [Nm]
- A – Abschaltschrauber
Weitere Bautypen:
A | Abschaltkupplung, Schubstart |
AV | Abschaltkupplung, Ventilstart |
A-R | Abschaltkupplung, nur rechtsdrehend |
A-WP | Abschaltkupplung, startet bei Betätigung des Ventilhebels ( without push ) |
A-30 | Abschaltkupplung, 30° angewinkelter Schraubkopf |
D | Direktkupplung, Ventilstart |
R | Rutschkupplung, Ventilstart |
RS | Rutschkupplung, Schubstart |
RS-K | Rutschkupplung, Schubstart, mit Klingenaufnahme ( im Gegensatz zum Schnellwechselfutter ) |
R-30 | Rutschkupplung, 30° angewinkelter Schraubkopf |
R-WP | Rutschkupplung, startet bei Betätigung des Ventilhebels |
R-(WP)-K | Rutschkupplung, startet bei Betätigung des Ventilhebels, Klingenaufnahme |
PA | Pistole, Abschaltkupplung |
PA-G | Pistole, Abschaltkupplung, eingerückter Handgriff ( Ergonomie ) |
PR | Pistole, Rutschkupplung, Schubstart |
PA-UG | Pistole, Abschaltkupplung, umgedrehter Griff ( Handgriff zeigt nach oben – spezielle Anwendung ) |
PR-WP | Pistole, Rutschkupplung, startet bei Betätigung des Tasters |
PR-(WP)-K | Pistole, Rutschkupplung, startet bei Betätigung des Tasters, Klingenaufnahme |
FA | Flachkopfschrauber, Abschaltkupplung |
Wie stelle ich das Drehmoment ein?
Unsere Drehschrauber mit Abschalt- und Rutschkupplung sind mit auswechselbaren Kupplungsfedern ausgestattet. Zur Einstellung liegt dem Drehschrauber ein Kupplungsschlüssel bei. Am Schrauber befindet sich eine Hülse, die bei Drehung den Einstellbereich frei gibt. Nun können Sie die Kupplungsfeder enger oder weiter stellen. Über ein Drehmomentmessgerät können Sie kontrollieren, ob das Werkzeug richtig abschaltet. Die Feder darf niemals auf komplette Blocklänge zusammengeschraubt werden. Dies führt zu Schäden am Schrauber, er kann dann nicht mehr abschalten. Wenn Sie Ihren Schrauber voreingestellt erhalten möchten, sprechen Sie uns gerne an, wir kümmern uns darum.
Schrauber für sehr hohe Abschaltmomente: Schlagschrauber und Impulsschrauber
Bei Anwendungen mit hohen Abschaltmomenten können bei Druckluftschraubern bis zu einem gewissen Maß Abstützvorrichtungen wie beispielsweise unser Handling-System EPA40, Lineararme oder weitere Drehmomentabstützungen zur Aufnahme von Rückschlagmomenten eingesetzt werden. Dem sind aber auch Grenzen gesetzt. Bei höheren Drehmomenten empfehlen sich selbstabstützende Schrauber, wie Schlag- oder Impulsschrauber.